Thomas Bernhard - Lebenslauf

Thomas Bernhard wurde als
nichteheliches Kind in Heerlen (Niederlande)
geboren, wo seine Mutter Herta Bernhard (1904–1950) als
Haushaltshilfe arbeitete. Sie war die Tochter Anna Bernhards und
des Salzburger Schriftstellers Johannes
Freumbichler.
Thomas Bernhards Vater war der aus Henndorf
am Wallersee stammende Bauernsohn
und Tischler Alois
Zuckerstätter. Thomas Bernhard lernte ihn nie kennen.
Zuckerstätter wurde, obwohl er die Vaterschaft bestritt, vom
Jugendamt als Vater festgestellt; er weigerte sich, Alimente zu
zahlen, war bei Nachforschungen oft unsteten
Aufenthalts und heiratete später in
Deutschland. Seine Tochter Hilda überlebte ihren Halbbruder,
erfuhr aber erst kurz vor dessen Tod von seiner Existenz.
Vom Tod seines leiblichen Vaters, der
am 2. November 1940 in Berlin durch
eine Gasvergiftung starb, wobei man Suizid vermutete,
erfuhr Bernhard nichts Genaues: Er vermutete, dass sein Vater
mit 43 Jahren in Frankfurt
an der Oder umgekommen sei, und
erzählte, er habe in der Familie den Vornamen Alois nie
aussprechen dürfen. Seine Mutter litt unter der äußerlichen
Ähnlichkeit des Kindes mit seinem Vater und
hatte angeblich die einzige Fotografie, die Bernhard von
Zuckerstätter besessen haben soll, vernichtet.
Bei den
Großeltern
Bis Herbst 1931 verblieb Thomas auf
einem Fischkutter bei Rotterdam. Im
September schickte ihn seine Mutter zu ihren Eltern; er lebte
dann in der Wernhardtstraße 6
im 16.
Bezirk (Ottakring) von Wien. Die
schlechte finanzielle Situation veranlasste seine Großeltern
1935, gemeinsam mit dem damals 4-jährigen Thomas von Wien nach Seekirchen
am Wallersee, ganz in die Nähe
des Geburtsortes von Großvater und Vater, Henndorf, zu ziehen.[6]
Die Zeit dort beschrieb Bernhard im
Rückblick als die glücklichste seines Lebens. Seine Mutter
heiratete 1936 ebenfalls in Seekirchen den Wiener
Friseurgesellen Emil Fabjan; mit ihm und ihrem Sohn übersiedelte
sie 1937 nach Traunstein in
Oberbayern, wenige Kilometer jenseits der Salzburger Grenze.
Nationalsozialistische Erziehung
1941 wurde Bernhard in ein nationalsozialistisches Erziehungsheim in Saalfeld geschickt.
Man hatte in der Familie das von einer Sozialbetreuerin
empfohlene salzburgische Saalfelden,
wo er sich erholen sollte, mit dem thüringischen Saalfeld
verwechselt. Die in Saalfeld gemachten traumatischen Erfahrungen
beschrieb Bernhard in seiner Autobiografie. Ab 1943 war er im
NS-Internat „Johanneum“ in Salzburg untergebracht.
Hier ermöglichte ihm sein Großvater Violinunterricht bei Georg
Steiner, einem Mitglied des Mozarteum-Quartetts. Nach
schweren Bombenangriffen auf Salzburg kehrte er zunächst nach
Traunstein zurück, erst nach Kriegsende 1945 besuchte er wieder
das mittlerweile wie vor 1938 katholische „Johanneum“.
Nach 1945
1946 übersiedelte die ganze Familie
von Traunstein in den Salzburger Stadtteil Aiglhof in
die Radetzkystraße 47. Der Großvater setzte sich nachhaltig für
eine künstlerische Ausbildung Bernhards ein. 1946 endete seine
Schullaufbahn im Salzburger Humanistischen
Gymnasium; Bernhard brach die
Schule freiwillig ab und absolvierte von 1947 an eine Lehre als
Einzelhandelskaufmann in dem im Keller gelegenen Kolonialwarenladen von
Karl Podlaha in der Salzburger Scherzhauserfeldsiedlung,
einer Armensiedlung. Heute ist der Gang, wo der Laden lag,
nach Thomas Bernhard benannt. Er schilderte die Zeit seiner
kaufmännischen Ausbildung in Salzburg im autobiografischen Text Der
Keller, erschienen im Jahr 1976. Er ging damals, wie er
schrieb, „in die entgegengesetzte Richtung“. In seiner
Autobiografie bezeichnete er später die Institution „Schule“ als
„Geistesvernichtungsanstalt“.
Im Jänner 1949
bekam Thomas Bernhard eine tuberkulöse,
nasse Rippenfellentzündung,
die ihn beinahe das Leben kostete. Der geliebte Großvater lag
zur selben Zeit im St.-Johann-Spital und starb im Februar an
akutem Nierenversagen. Die Mutter starb im Herbst 1950 an Krebs.
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